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Drei Hausärzte starteten gleich ins Krisengebiet
2000 Patienten in sieben Tagen betreut

Medical Tribune Bericht

BERLIN - Der verheerende Tsunami hat in Südasien tausende Menschen getötet, hunderttausende obdachlos gemacht. Drei Hausärzte aus Deutschland gehörten zu den ersten Helfern in Sri Lanka.

Dr. Wolfgang Riske (61) war in Gedanken noch bei der Weihnachtsmesse, als ihn am Mittag des 26. Dezember der Anruf von humedica-Chef Wolfgang Groß überraschte: "Wolfgang, kannst Du sofort los, ein Tsunami hat Südasien überrollt." Der Landarzt aus der niedersächsischen Gemeinde Meinersen, der eben erst von einem Hilfseinsatz auf den Philippinen zurückgekehrt war, zögerte nicht. Ebenso nicht seine Kollegen, die umgehend seine Notdienste übernahmen.

Am Weihnachtsabend im Flieger

20 Uhr startete von Düsseldorf aus der Flieger nach Colombo. Neben Dr. Wolfgang Riske mit an Bord: Dr. Martin Müller aus Neunkirchen bei Siegen und Dr. Ulrich Seemann aus Hamm-Bühren - ebenfalls Hausärzte und Rettungsmediziner - sowie zwei Rettungsassistenten. Die Doktoren kennen sich seit Jahren. Sie gehören zum ärztlichen Stammteam der christlichen Hilfsorganisation humedica. "Wir sind nicht nur im Beruf, sondern auch im Glauben verbunden. Das hilft uns besonders bei Einsätzen wie diesem, wo die Seele so stark betroffen ist", erklärt Dr. Riske.

In der Hauptstadt von Sri Lanka war man nicht auf die Blitzhilfe aus Deutschland vorbereitet, und so dauerte es einen Tag, bis die Medikamente vom Zoll freigegeben waren. Schließlich ging es durch militärisches Sperrgebiet auf die Halbinsel Jaffna im Norden des Landes. Die von tamilischen Rebellen kontrollierte Provinz ist vorwiegend von Fischern bewohnt und für Touristen unerschlossen.

Tisch wird zur Untersuchungsliege

Die mörderische Welle hat auch im Nordosten ihre Spuren hinterlassen. Mehr als 2000 Menschen sind ertrunken, Tausende sind obdachlos. Rund 17 000 Menschen leben deshalb in 28 provisorischen Camps. Für sie sind die Mediziner aus Deutschland während ihres Einsatzes da. Zur Seite stehen ihnen zwei Mitarbeiter von "Apotheker ohne Grenzen" sowie Medizinstudenten als Dolmetscher.

Täglich geht es per Bus zu den Einsatzorten. Tische werden provisorisch zu Liegen zusammengestellt, Decken als Sichtschutz aufgehängt. Teamleiter Dr. Riske hatte wie bei anderen Einsätzen auch seine "Bluebox" dabei. Es ist ein riesiger blauer Rucksack, in dem er die nach WHO-Kriterien zusammengestellte Ausrüstung für die Flutregion untergebracht hat.

Behandeln vom Morgen bis zum Sonnenuntergang

In den sieben Tagen ihres Aufenthaltes in Sri Lanka betreuen die drei deutschen Hausärzte rund 2000 Menschen. "Bumping case nennen die Einheimischen inzwischen die neue Krankheit, an denen die meisten leiden", so Dr. Riske. Er erklärt, dass es sich dabei um Verletzungen handelt, die im Zuge des Herumschleuderns des Körpers durch die Flutwelle entstanden sind. Es sind Riss-, Stich- und Schürfwunden, Prellungen und Brüche, teilweise ist die Entzündung bereits fortgeschritten. Weiterhin leiden die Menschen vor allem unter Atemwegserkrankungen, verursacht durch eingeatmetes Schmutzwasser sowie unter Durchfall.

Behandelt wird von morgens bis zum Sonnenuntergang, dann machen Moskitos das Weiterarbeiten unmöglich. In schweren Fällen wie Appendizitis oder bei Tuberkuloseverdacht wird der Transport der Patienten per Bus in Krankenhäuser im Landesinneren organisiert. Inzwischen sind Dr. Riske und seine Kollegen wieder zuhause. Das Nachfolgeteam ist jetzt vor Ort. Humedica rechnet mit mindestens drei bis sechs Monaten Akuthilfe, anschließend will die Organisation den Wiederaufbau unterstützen.

Copyright: Cornelia Kolbeck 2005Nachdruck nur mit Genehmigung