Sachsen/Pirna (epd). In 280 sozialen Betrieben hat das Hochwasser nach Angaben der sächsischen Sozialministerin Christine Weber (CDU) seine Spuren hinterlassen. Verwüstet sind in Sachsen 44 vollstationäre Pflegeeinrichtungen, 31 Behinderteneinrichtungen und sieben Krankenhäuser. Der Gesamtschaden an Bau, Inventar und Material beträgt mehr als 90 Millionen Euro. Für soziale Dienste und Einrichtungen wie Sozialstationen, Beratungsstellen und Seniorenbegegnungsstätten liegen laut Ministerium noch keine genauen Angaben vor. Verwundern kann das nicht, denn in einigen Hochwasserregionen war lange Zeit das Handy einziges Kommunikationsmittel - und ist es zum Teil noch. Zum Beispiel in der 45.000 Einwohner zählenden Kreisstadt Pirna. Hier haben die Fluten der Elbe und des normalerweise schmächtigen Bächleins Gottleuba das historische Zentrum samt Geschäften, Arztpraxen und Gesundheitsamt mit einer dicken hellbraunen Schlammschicht überzogen. Zu denen, die sich am Nachmittag des 12. August plötzlich einer bauchhohen Wasserfläche gegenüber-sahen, gehört auch Heidrun Neumann. Sie leitet die Caritas-Sozialstation, die in der Seniorenwohnanlage der kommunalen Hospitalstiftung Mieter ist. Während Frau Neumann und ihre Mitarbeiterinnen am ersten Fluttag in einer Blitzaktion die im Parterre wohnenden Senioren in höher gelegene Stockwerte transportierten, tobte sich das Wasser auch in den unteren Etagen aus. "Computer und Möbel sind ebenso unbrauchbar wie Hebelifter für die Badewanne, Rollstühle, Lagerungskissen und andere medizinische Ausleihmaterialien", so die Chefin der Sozialstation. Ihr und ihren 13 Mitarbeitern blieb in den ersten Tagen des Hochwassers kaum Zeit, sich Gedanken über die eigene Situation zu machen. Wichtiger war es, sich um die Senioren zu kümmern, die in eine Sammelunterkunft auf dem höher gelegenen Stadtgebiet Sonnenstein umquartiert worden waren. "Viele haben ihr gesamtes Hab und Gut verloren und das Geschehene gar nicht recht begreifen können. Und dann noch die Lage vor Ort: Wo jetzt richtige Betten stehen, lagen zuerst nur Matratzen nebeneinander. Eine 90-Jährige unter diesen Umständen in einer Turnhalle zu windeln, ist deprimierend", sagt Heidrun Neumann. Inzwischen habe sich die Lage etwas entspannt. Die Rentner fühlten sich, auch wenn sie in einer Turnhalle wohnen müssen, schon etwas wohler. Es hätten sich "Grüppchen gebildet und Freundschaften entwickelt". Die Anlage mit den 28 Seniorenwohnungen der Hospitalstiftung hat inzwischen auch wieder Wasser und Strom, einige der Bewohner sind zurückgekehrt. Die untere Etage des Hauses inklusive der Caritas-Räume muss jedoch noch in Stand gesetzt werden. "Wir haben für das Gebäude zum Glück eine Elementarschaden-Versicherung angeschlossen", sagt Cornelia Mey von der Hospitalstiftung. Pflegedienstleiterin Neumann ist erleichtert, dass die Hospitalstiftung für die Zeit der Renovierung die Miete erlassen hat. Sie geht jetzt daran, die Schäden der Station zu regulieren. Aus der Presse hat sie erfahren, dass es ein Sofortprogramm zur Hochwasserhilfe gibt, aus dem kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden: "Ich bin also zum Landratsamt gegangen, habe den entsprechenden Antrag ausgefüllt, abstempeln lassen und ihn dann ans Regierungspräsidium in Dresden geschickt. Nun warte ich auf Antwort." Im Landratsamt sei sie auch darüber informiert worden, dass es bei der Soforthilfe 500 Euro pro Arbeitsplatz gibt und die Zuwendung maximal 40 Prozent der tatsächlichen Schadenshöhe beträgt. Inzwischen gibt es einen zweiten Hilfeantrag. Dabei geht es um Gelder vom Bund. Nach Angaben der mit der Auszahlung der Gelder betrauten Sächsischen Aufbaubank (SAB) können hier in Ergänzung zur Soforthilfe Zuschüsse bis zu einer maximalen Schadenshöhe von 70 Prozent beantragt werden. Dazu sind in einem beigefügten Formular konkrete Angaben zu den Hochwasserschäden zu machen. Eine Gutachterbestätigung ist nicht nötig, allerdings müssen die Geschädigten eidesstattlich die Richtigkeit ihrer Angaben erklären. Vom zweiten Antrag erfuhr Frau Neumann erst durch das Gespräch mit epd sozial. "Leider haben wir erst spät die entsprechende Richtlinie vom Regierungspräsidium erhalten", bedauert Jürgen Zimmermann vom Büro des Landrates. Das Amt habe dann jedoch kurzfristig die Öffnungszeiten verlängert. So seien am letzten Freitag und Samstag bis jeweils 19 Uhr sechs SAB-Mitarbeiter vor Ort gewesen, um betroffene Einwohner und Betriebe zu beraten und ihnen bei der Ausfüllung der jeweiligen Formulare behilflich zu sein. epd sozial 34/2002 Copyright: Cornelia Kolbeck Nachdruck nur mit Genehmigung |