DUBAI – Sonnenschein, Strand und Palmen, kombiniert mit moderner Architektur inklusi-ve Weltklasse-Medizin – das bietet das Emirat Dubai. Und deshalb ist mancher deutsche Arzt hingerissen von der Idee, seinen stressigen Arbeitsplatz gegen scheinbar 365 Tage Glück einzutauschen. Und mancher will auch nur das große Geld machen. Zu verlockend scheint die Aussicht auf jährlich 150 000 US-Dollar steuerfreies Einkommen, wie es in Anzeigen gelegentlich angepriesen wird. „Die Praxis sieht aber vielfach anders aus“, erklärt Joachim Richter, Generalmanager der Investorengruppe Ahmet-Thani-Group. Erstens würden nur wenige Mediziner wirklich gutes Geld verdienen. Und zweitens seien deutsche Ärzte oft zu vertrauensselig; sie seien ideale Opfer „für die geldgierigen Spitzbuben im Nadelstreifenanzug“, die in Zeitungen ihre Dienste anbieten. Durch getürkte Verträge und angepriesene, aber nicht vorhandene Beziehungen könne man gnadenlos über den Tisch gezogen werden, warnt Richter. Der Job- und Finanzberater ist seit über zehn Jahren vor Ort und hat unzählige Ärzte kommen und wieder gehen sehen. Das zweitgrößte Emirat der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ist begehrt bei ausländischen Arbeitskräften, die rund 85 % der Bevölkerung ausmachen. Seit rund drei Jahren boomen auch die Bewerbungen von Medizinern, was zur Folge hat, dass sich der Fast-Stadtstaat seine Ärzte aussuchen kann. Die Selektion geschieht über die „Licensation“, bei der die medizinische Fachkenntnis des Bewerbers auf dem Prüfstand steht. Die bei erfolgreicher Prüfung erteilte Lizenz ist Voraussetzung, um als Arzt in Dubai arbeiten zu dürfen. Verantwortlich für die Vergabe ist das Department of Health and Medical Services (DOHMS), in etwa vergleichbar mit einem Landesgesundheitsamt. Kenntnis arabischer Kultur, fit in Englisch Ärzte, die auf das Rentenalter zugehen, haben fast keine Chancen. Nur selten akzeptiert werden auch Kollegen, die die englische Sprache nicht fließend beherrschen, die Gepflogenheiten der arabischen Kultur nicht kennen und beachten oder die keine akkurate, in fehlerfreiem Englisch verfasste Bewerbung vorlegen. Bis zu 90 % der Prüflinge fallen bei der Lizenzierung durch, damit die Arztdichte – speziell im privaten Sektor – nicht exorbitant wächst. Dass es nicht am Wissen liegt, zeigt sich daran, dass Ärzte, die in Dubai gescheitert sind, in den Nachbaremiraten problemlos die Lizenzprüfung bestehen. Im „Licensing Guidelines Booklet“ (auf den DOHMS-Webseiten) sind neben den berufsrechtlichen Regeln für Angehörige medizinischer Berufe die wesentlichen Informationen zur Lizenzierung aufgeführt. Einheimischer Sponsormacht die Bahn frei Doch die Angelegenheit ist nicht so überschaubar, wie es scheint. Denn zuerst muss man einen geeigneten einheimischen Sponsor (Local) finden, der alles in die „entsprechenden“ Bahnen leitet. Für niederlassungswillige Kollegen kann diese Unterstützung bis zu 100 000 Dirham (rund 22 000 Euro) kosten und eine spätere zweiprozentige Beteiligung des Sponsors am Umsatz bedeuten. Ohne einen solchen Fürsprecher mit besten Beziehungen ist jedoch angesichts der riesigen Zahl an Bewerbungen von Medizinern aus aller Welt für Dubai eine erfolgreiche Lizenzierung nahezu aussichtslos. Joachim Richter, der selbst Ärzte bei der Lizenzierung begleitet, geht davon aus, dass man mindestens drei- bis viermal in der Wüstenmetropole gewesen sein sollte, um sich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen und einen geeigneten und vertrauenswürdigen Sponsor zu finden. Nach der Eröffnung der Niederlassung rechnet der Experte mit mindestens einem Dreivierteljahr, bis die Praxis oder Klinik einigermaßen läuft. Dreh- und Angelpunkt für das Überleben sei es, so sagt er, Beziehungen zu knüpfen, um genügend Privatpatienten zu finden. In Deutschland ist es übrigens sehr schwierig, konkrete und sachliche Aussagen über die Arbeit eines Arztes in Dubai zu erhalten. Ganz zu schweigen von Informationen zur Lizenzierung und den damit verbundenen Problemen. Auch das Internet ist nicht sonderlich hilfreich. Weitere Chancen in Nachbaremiraten Interessenten sind deshalb auf private Vermittler angewiesen. Doch die verlangen zum Teil enorme Summen für Informationen und die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen. Die Firma universitas aus Eggenfelden geht einen anderen Weg. Sie erhält die Gebühr von den Einrichtungen, an die sie Ärzte vermitteln kann, bzw. von Privatärzten zwei Monate nach Arbeitsbeginn. Nach Angaben von Inhaber Roland Herbert sind deutsche Kollegen derzeit besonders an einer Arbeit in privaten Kliniken und Gemeinschaftspraxen interessiert. Der Vermittler kennt auch viele der genannten Probleme. Er sieht aber nicht so schwarz. Seine Erfahrungen besagen: „Trotz aller Schwierigkeiten, bei guter Vorbereitung kann nichts schief gehen.“ Außerdem rät er Ärzten, sich nicht allein auf Dubai zu fixieren, sondern auch gegenüber Angeboten der Nachbaremirate Abu Dhabi und Sharjah aufgeschlossen zu sein. Cornelia Kolbeck Medical Tribune · 41. Jahrgang · Nr. 11 · 17. März 2006Copyright: Cornelia Kolbeck Nachdruck nur mit Genehmigung Textanfang |